Collage
Die Collage nimmt Bezug auf einen Auschnitt aus einem Buch zum Eisenbahnverkehr des 19. Jahrhunderts in Amerika von Wolfgang
Schivelbein. Immer wieder wurde in diesem Auszug auf das Verhältnis von
Raum und Zeit und auch den durch die Industrialisierung hervorgerufenen
Kontrast zwischen Umwelt und Natur angespielt.
In dem oberen Drittel ist durch viele kleine Bilder die
Besiedlung der USA zu sehn. Es sind verschiedene Bahnstrecken und Landkarten zu
durch die klar wird, wie die Ausbreitung und Besiedelung durch das Dampfschiff anfing.
Ebenfalls wird der Kontrast der unterschiedlichen Bauweise der Wagen
beleuchtet. Der untere Teil beschäftigt sich mit der Einführung der Zeit, die
durch die Zugverbindungen notwendig wurde, um eine einheitliche Zeit zu
schaffen.
BUCHTEXT:
Die Geschichte der Eisenbahn in den USA
unterscheidet sich von der darin, dass die Bahn hier nicht der industrielle Nachfolger
eines voll entwickelten vorindustriellen Verkehrssystems wurde, sondern dass
durch sie eine bis dahin unbesiedelte Wildnis überhaupt erst erschlossen wurde.
Die amerikanische Kultur begann das mit dem Eisenbahnwesen, sagt Max Maria von
Weber, was die europäische mit ihm
vollendete; vor dem einfachen Fusspfade, vor der Saumtierstrasse
streckte sich die Eisenbahn in die Wilde Savanne und in den Urwald.
In Europa hat das Eisenbahnwesen Verkehre zu
vermitteln, in Amerika zu schaffen.
Jede Form der Mechanisierung wird daher, weil
niemand durch sie arbeitslos wird, als schöpferisch erfahren.
Die Mechanisierung des Verkehrswesens wird nicht
wie in Europa als Zerstörung einer traditionellen Kulturlandschaft erlebt,
sondern als Gewinnung einer Zivilisationslandschaft aus der bis dahin
wertlosen, weil unzugänglichen Wildnis.
Weil das Transportwesen nicht lediglich bestehenden
Verkehr verwandelt, sondern neue Gebiete dem Verkehr erschliesst, erscheint es
in einem für europäische Verhältnisse unvorstellbarem Maße produktiv.
Die industrielle Revolution wird in den USA als
natürlich erlebt, nicht nur weil sie von Anfang an in der amerikanischen Geschichte
enthalten ist, die sozusagen nichts anderes kennt, sondern auch, weil sie,
indem sie zuerst die Agrikultur und das Transportwesen erfasst, in einem ganz
konkret unmittelbaren Zusammenhang mit Natur steht.
Die Knappheit von Kapital und Arbeit in den USA
führte zu neuartigen Formen der Rohstoffgewinnung, einem hemmungslosen Raubbau
scheinbar unerschöpflicher Naturressourcen, wobei die Hemmungslosigkeit eine
Form des niedrigen Kapital- und Arbeitseinsatzes war. Die Anwendung desselben
Prinzips im Verkehrswesen führte zu ganz anderen Resultaten.
Nicht hemmungsloser Raubbau an der Natur, sondern
gleichsam mimetische Ausnutzung der vorhandenen natürlichen Verkehrswege, der
Wasserstrassen. >>Die Binnenverkehrswege, deren Nutzung den geringsten Kapitalaufwand
verlangte, waren die Flüsse<<, charakterisieren Cleveland und Powell die
frühe amerikanische Verkehrsentwicklung, die tatsächlich fast ausschliesslich
auf den natürlichen Wasserwegen basierte.
Die Motivation, die natürlichen Wasserwege
auszunutzen, ist
dieselbe Wie die, die hinter dem extensiven
Raubbau steht:
>>substitution
of natural resources for capital<< die
Wasserwege. Diese stellen das
wesentliche Verkehrssystem dar.
Über die natürlichen Wasserwege findet die
Besiedlung statt und sie sind bis weit ins 19. Jahrhundert hinein der Hauptverkehrsweg
sowohl für Waren wie für Personen. Wie sehr
der Wasserverkehr das amerikanische
Verkehrsbewusstsein geprägt hat, ersieht man noch heute daran, dass das
amerikanische Wort für englisch >>{to transporta - to shig<< ist,
gleichgültig ob der Verkehrsakt zu Land oder zu Wasser
stattfindet. Diese Rolle konnten die Wasserwege
nur spielen,weil sie in einer Fülle vorhanden waren,
Hier
wird, wo immer möglich, auf Wasserwegen gereist.
Man kann den amerikanischen Dampfer die erste Transportrevolution
noch vor der Eisenbahn nennen. Erst durch die Anwendung der Dampfkraft wurden
die Fluss Systeme von Mississippi und Ohio in beiden Richtungen befahrbar, Die Frachtraten
wurden in einem Maße reduziert, daIss die spätere Eisenbahn keine Weitere
Verbilligung mehr darstellte, sondern lediglich eine Übertragung in Regionen,
die dem Wasserverkehr nicht zuglänglich waren.
Die amerikanische Eisenbahn setzt fort, was mit
dem Flussdampfer begonnen wurde. Das gilt, wie wir sehen werden, für das Design
der Waggons. Es gilt nicht minder für die Anlage der Bahnstrecke selber.
In den USA sind umgekehrt Arbeitskräfte teuer,
Grund und Boden ist so gut wie wertlos. Nach dem Prinzip >>natural
resources for capital<< wird die amerikanische Strecke nicht als gerade
Linie, d. h. durch Naturhindernisse hindurch gebaut, sondern, in der eines
Flusslaufs, um die Hindernisse herum geführt.
Die Eigentümlichkeit der amerikanischen Strecke,
keine Gerade zu sein, sondern kurvenreich, fällt allen europäischen Beobachtern
als Hauptmerkmal der amerikanischen Bahn auf. Sie gehört von Anfang an zur
Entwicklung der Bahn in den USA
Dieser amerikanischen etwas
mitleidig-herablassenden Einschatzung ist nicht bekannt, dass die geradlinige
Bauweise nicht etwa ästhetisch sondern durchaus technisch motiviert ist. Die
starren Achsen der englischen Schienenfahrzeuge erfordern
eine möglichst gerade Strecke.
In einer zu scharfen Kurve würde ein englischer
Wagen notwendig entgleisen.
Wie kommt es nun, dass die amerikanischen Bahnen
mit ihrer kurvenreichen Strecke dieses technische Problem offenbar nicht hatten?
info per : philipp.mohr@uni-weimar.de
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